Der unterirdische Gang

von Hartmannsdorf im Bereich der Unteren Hauptstraße Bereich Einmündung Ziegelstraße

nach den Recherchen von Rolf Krüpfganz (ihm sei gedankt)

Entlang der Unteren Hauptstraße vom Haus Nummer 81 bis zur Nummer 95a verlief in den letzten Monaten des 2. Weltkrieges 1945 eine Luftschutzanlage.

Gebaut wurde diese wahrscheinlich von den in der Nähe untergebrachten französischen und italienischen Kriegsgefangenen.

Von den fünf Eingängen war der erste im Hof der Nummer 95a, der letzte am Teich hinter dem Haus Nummer 81 (jetzt abgerissen). Der Felsenkeller der Gaststätte „Dürrer Ast“ hatte eine Verbindung zur Anlage.

Die Anlage wurde durch den Hartmannsdorfer Elektriker Doerfelt (Vater von Hans Doerfelt) mit einer Beleuchtung versehen.

In Höhe des Zuganges zum „kleinen Dorf“ (andere Seite der Straße) befand sich ein größerer Raum. Dieser hatte einen Notausgang nach Osten, in den Garten vom Bauer Kreßner.

Dieser Raum wurde in den letzten Kriegstagen vom Bürgermeister als Quartier benutzt und von da kam auch die Aufforderung zum Hissen der weisen Fahnen im Ort. Heute ist es ein Lagerraum des Besitzers.

Über Vorgänge zu dieser Anlage nach 1945 konnte ich keine Hinweise finden. Vermutlich ist diese verfallen und zugeschüttet worden.

Der Schacht des Notausganges wurde vermutlich mit Schutt und Asche verfüllt. Beim Bau der Häuser 99f und 99g kam es 1992, nach vorherigem mehrfachem Absenken, zur derzeit letzten bekannten Absenkung. Durch die Gemeinde wurde das Loch mit Schotter verfüllt.

Diese Anlage wurde nicht von ungefähr an dieser Stelle errichtet. Bereits 230 Jahre zuvor, am 6. September 1713, wurde durch den Bergmeister Joachim Franz an den Chemnitzer Bürger Johann Gottfried Wolf die „Regenbogen geviert Fundgrube“ verliehen.

Wie kam es dazu?

Die Gegend von Hartmannsdorf zeigt keine Vorkommen von abbauwürdigen Bodenschätzen.

Die Stadt Chemnitz wurde 1709 nach langen Bemühungen als Bergstadt anerkannt.

Somit brauchten die Besitzer einer Grube nur die Hälfte an Trank- und Landsteuer zu begleichen.

Es wurden mehrere Gruben in der Umgebung erschlossen. So hat auch Johann Gottfried Wolf eine Stelle in Hartmannsdorf , an der Straße von Leipzig, gefunden, die geeignet erschien. Einige Bewohner des Ortes waren auch bereit Geld in diese Grube zu investieren. Jedoch nur unter dem Zugeständnis des Steuererlasses.

In Chemnitz hat bereits 1710 der Tranksteuer-Reviesor Johann Samuel Reichel bemerkt:

„die ganze Gegend bei Chemnitz ist nicht bergmännischer Boden, … der Bergbau wird nur um den Genuß der halben Tranksteuer und Acciese betrieben“.

Trotzdem hat Wolf in Hartmannsdorf einen Versuch unternommen.

In einer Beschreibung der Grube steht: „ In einem 4 m abgesunkenen Schacht war das angebliche Flöz erbrochen worden, das der Geschworene und Bergbeamte als „nicht Edel“ befand. Außer ein wenig Gelbeisen wurde nicht das geringste Metallhaltige erkannt. Unedel fand man das Flöz. Der Geschworene konnte nicht bestätigen, ob das wenige Gelbeisenerz ganz oder flezweiß im Gestein auftrat.“

In einem Brief vom 20. Dezember 1713 an Kurfürst August den Starken bat Wolf um einen Vorschuß von 100 Talern zur Weiterführung der Grube.

Obwohl „der liebe Gott alda einen herlichen Berg Seegen zeiget“, fiel es ihm schwer, den Bergbau auf eigene Kosten fortzuführen, „weil sich bey itziger Zeit wenig Leite finden, die den lieben höchst nöthig und nützlichen Bergbau beförtern helffen“.

Wolf bat, der sich „als eine rechte Bergwerkswortzel“ ausgab, um einen Vorschuß von 100 Talern. Dafür wollte er dem Kurfürst 16 Kuxe bis zur Ausbeute frei verbauen.

Offensichtlich war das nicht von Erfolg, denn danach ist die Grube nicht mehr genutzt worden.

Nach einer erneuten Prüfung durch das Bergamt erfolgte im Februar 1714 der Entzug des Bergbaurechts. Die Grube wurde gelöscht und losgesagt.

„Eine Grube von so schlechter Anweisung hat man bisher kaum gefunden“

Der in Chemnitz betriebene Mißbrauch mit der Bergbegnadigung kam nach mehreren Untersuchungen ans Tageslicht. Das Verhältnis zu Aufwand für den Bergbau und der Steuerersparnis stand in keinem Verhältnis. Am 18. August 1718 wurde die Bergfreiheit der Stadt aufgehoben.

200 Jahre später schrieb der Burgstädter Heimatforscher Artur Beil (Schuldirektor in Taura) in einem Beitrag im Heft 1911 Nr. 10 „Aus der Heimat für die Heimat“  über einen unterirdischen Gang in Hartmannsdorf.

„Vor nicht zu langer Zeit stieß man im Grundstück des Altwarenhändlers Otto Meinig an der Unteren Hauptstraße beim Abtreiben von Land von dem hinter dem Grundstück ansteigenden Gelände auf einen unterirdischen Gang, von dem selbst die ältesten Ortseinwohner noch keine Kenntnis hatten. Da man glaubte, eine auf die Vergangenheit von Hartmannsdorf hinweisende Entdeckung gemacht zu haben und ein Weiterführen des Ganges vermutete, nahm der Schreiber dieser Zeilen eine genaue Untersuchung der Anlage vor.“

„Die Sohle des unterirdischen Ganges liegt ca. 15 Meter unter der Erdoberfläche des nach dem Kreßnerschen Gutsgrundstücke ansteigenden Geländes und ca. 2 Meter tiefer als die in der Nähe vorbeiführende Dorfhauptstraße. Der Einstieg ist in Folge der kleinen Oeffnung nur in sehr gebeugter Stellung möglich. An ein Weitergehen ist aber alsdann nicht zu denken, da sich am Anfang auf ca. 6 Meter Länge ein durchschnittlich 1,20 Meter hoher Wasserstand angesammelt hat.“

Der Gang war am Anfang 2,20 m hoch und 1,90 m breit. Am Ende, nach 15 m, war er noch
1,80 m hoch und 1 m breit.

Es konnten keine Gegenstände gefunden werden, die auf die Verwendung des Ganges hindeuteten. „Die vielfach verbreitete Meinung, daß der Gang ein nicht mehr benutztes Kellerloch sei, entbehrt vollständig des Beweises. An dieser Stelle hat bisher noch kein Haus gestanden.“

Nur der Teil eines zerbrochenen Tellers von 30 cm Durchmesser mit aufgemalten Fischen und Blüten war vorhanden.

Über die weitere Verwendung des entdeckten Ganges ist nichts bekannt.

Erst die Bombenangriffe des 2. Weltkrieges brachten diesen vermutlich wieder in Erinnerung. Es wurde die anfangs beschriebene Luftschutzanlage gebaut.

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